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  • daniamarthaler

"Geht's Ihnen gut?"


Mein Mann und ich sitzen im Wartezimmer der CFS Sprechstunde, die vom Universitätsspital Zürich angeboten wird. Heute bin ich kraftlos, im Sitzen und Stehen wird mir schnell schwindlig und unwohl. Ich liege deshalb viel mehr auf diesem Sofa als zu sitzen. Wir warten.

Nach etwa fünf Minuten kommt eine etwas atemlose Dame ins Wartezimmer gerauscht, starrt mich an, fragt: „Geht’s Ihnen gut?“ Um ein Haar wäre mir rausgerutscht: „Es geht mir fantastisch, vielen Dank! Ich bin rundum gesund und nur hier, weil ich mir mal kranke Menschen anschauen wollte.“ Zum Glück hat meine gute Kinderstube gerade noch rechtzeitig die Oberhand über meine ironische Seite gewonnen.


Diese Episode hat mir nicht geholfen, meine Skepsis gegenüber dieser Fachstelle zu zerstreuen. Die CFS Sprechstunde ist dem Institut für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik angegliedert. Meine Krankheit, ME/CFS, wird in der ICD 10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) der WHO unter der Notation G93.3 geführt: Krankheiten des Nervensystems. Wer findet den Fehler?


Jedenfalls werden wir, eine halbe Stunde zu spät, von der fallführenden Psychiaterin abgeholt (Fehler schon gefunden?). Laufen fällt mir seit Wochen sehr schwer, oft schiebt mich mein Mann in einem Rollstuhl umher. Ich stolpere, gestützt auf meinen Mann, der davoneilenden Ärztin langsam hinterher. Es dauert etwas, bis sie merkt, dass wir ihr nicht auf dem Fusse folgen. An der Treppe angekommen, sagt sie: „Ich bin im zweiten Stock.“ Ich sage: „Geht nicht.“ Sie: „Der Lift ist kaputt, können Sie’s nicht einfach versuchen?“ Ich: „Geht nicht!“ Sie: „Aber ich bin im zweiten Stock!“ Mein Mann säuerlich: „Gratuliere!“


Es braucht viel, um diesen geduldigen Mann wütend zu machen. Sie hat in der Disziplin ‚Mann wütend machen‘ gerade hundert Punkte von hundert möglichen abgeholt. Ich gratuliere.






Schreiben macht glücklich, Kaffee trinken auch. Mich mit Fachpersonen herumschlagen, die meine Krankheit nicht kennen und nicht verstehen, nervt. Zu meinem unfassbaren Glück trifft das 'nur' auf etwa 50% der Ärzte zu, denen ich bis jetzt begegnet bin.

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