Gestern erreichte mich eine Pressemitteilung der Stanford University, Kalifornien. Das Team um Dr. Ron Davis, Professor für Biochemie und Genetik, Vater eines schwerst ME-kranken Sohnes, hat nach beinahe zehn Jahren Forschung – so lange ist sein Sohn schon erkrankt – offenbar einen Biomarker für ME gefunden.
Ein Biomarker ist ein (Blut-) Test, der die Krankheit zweifelsfrei feststellen kann. Sein Bluttest ist so simpel wie genial: er hat mittels eines selbstentwickelten und gebauten Gerätes – eines Nanoessays von Elektroden – herausgefunden, dass die Flüssigkeit, in der sich die Immunzellen von an myalgischer Enzephalomyelitis erkrankten Menschen befinden, den elektrischen Strom schneller leiten, wenn sie mit Salz behandelt werden, als diejenige von gesunden Menschen. Technisch gesehen ist der Versuchsaufbau äusserst anspruchsvoll – es musste dazu ein Gerät gebaut werden, das solch winzige Stromstärkenunterschiede nachweisen kann. Biologisch gesehen ist der Test aber ziemlich simpel - gesunde Zellen reagieren mit Osmose auf eine erhöhte Salzkonzentration ausserhalb der Zelle; sie nehmen Salzteilchen auf, bis der osmotische Druck ausserhalb und innerhalb der Zelle wieder gleich ist. Dadurch können sie Schäden an der Zellmembran durch zu grosse Druckunterschiede verhindern. ME-kranke Zellen können das offenbar nicht mehr, dadurch bleibt der Salzgehalt der die Zellen umgebenden Flüssigkeit erhöht und der Strom wird durch die erhöhte Anzahl Salzteilchen schneller geleitet. Genial!
Umso genialer ist aber auch der zukünftige weitere Nutzen dieses Gerätes: damit können möglicherweise wirksame Medikamente identifiziert werden. Sind die Medikamente in der Lage, den Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit zu verhindern, so taugen sie eventuell auch dazu, ME-Kranke zu heilen. Tun sie es nicht, kann man die betreffenden Medikamente getrost von der Liste möglicher Heilmittel streichen.
Und wie erfolgreich waren die Forscher um Dr. Ron Davis wirklich? Die Trefferquote der getesteten Blutproben betrug einhundert Prozent: die Forscher waren in der Lage, aus vierzig Blutproben alle zwanzig Proben der ME-Kranken zu identifizieren. Es gab keine falsch-positiven und keine falsch-negativen Ergebnisse. Natürlich muss das Resultat dieser kleinen Pilotstudie nun in einer gross angelegten Studie verifiziert werden, bevor dieser Test Einzug halten kann in die medizinische Praxis. Ich zweifle aber nicht daran, dass hiermit das Ende aller ME-Kritiker eingeläutet wird.
Dieser Test könnte der Wendepunkt darstellen, so wie damals die neue Bildgebung und Liquoruntersuchung für alle an multipler Sklerose (MS) erkrankten Menschen. MS wurde damals, wie ME heute, häufig als psychisch verursachte Krankheit verkannt. Die Folgen sind, beziehungsweise waren, für die Patienten beider Krankheiten gleich: sie werden nicht ernst genommen und erhalten nicht die notwendige Unterstützung und Pflege. Bei einem MS-kranken Menschen zweifelt heutzutage niemand mehr an der Ernsthaftigkeit der Krankheit. Niemand würde einem solchen Menschen Simulieren unterstellen, oder es sei alles in seinem Kopf und somit – indirekt – dass es in der eigenen Hand läge, die Krankheit zu besiegen. MS-Kranke haben mittlerweile die Anerkennung, die sie brauchen, um ein würdiges Leben zu führen.
Patienten mit ME können davon nur träumen. Selbst schwer- und schwerstkranke ME-ler, also solche, die ihr Haus oder ihr Bett nicht mehr verlassen können - weil sie nicht KÖNNEN, nicht, weil sie nicht WOLLEN – erhalten in den allermeisten Fällen keinerlei Unterstützung von irgendwelchen Versicherungen. Sie werden von Angehörigen gepflegt und finanziell unterstützt.
Ich hoffe sehr, dass diese unwürdige Praxis demnächst ein Ende findet!
Nachzulesen ist die Pressemitteilung hier: https://www.daniamarthaler.com/zeitungsartikel

Untergang der unwürdigen Behandlung von ME-Kranken? Durch Dr. Ron Davis' Bluttest vielleicht schon ganz bald! Ich hoffe es!
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