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daniamarthaler

Reisen mit ME?


Tjaaaa… klar kann man mit ME reisen. Wenn man mutig ist. Wenn man die richtige Reisebegleitung hat. Wenn man nicht so schwer betroffen ist, dass man ständig das Bett hüten muss. Wenn man naiv, oder, positiv ausgedrückt, optimistisch genug ist, dass es schon gut kommt.


Mut und Dummheit liegen ja oft nahe beieinander. Wenn’s klappt, war’s mutig, wenn nicht, dann dumm. Bis jetzt war ich in meinem Leben häufiger mutig als dumm. Mit der richtigen Reisebegleitung bin ich verheiratet, bettlägerig bin ich zum guten Glück nicht und naiv bin ich wohl seit der Geburt - sagte zumindest mein Vater häufig bis ich etwa Zwanzig wurde, danach war die Tendenz seiner Aussagen diesbezüglich abnehmend. Vielleicht, weil meine Naivität mit den Jahren nachliess oder wohl eher, weil er es schlicht aufgab, mich meiner Naivität zu erinnern, da es sowieso nicht fruchtete. Rückblickend kann ich ehrlicherweise schon einiges an naivem Verhalten ausmachen. Optimistisch klingt trotzdem schöner, auch wenn es im Grunde dasselbe ist.


So, nachdem ich den Faktencheck bestanden hatte, stand einer Reise nichts mehr im Wege. Wir haben über mehrere Tage verteilt unser Wohnmobil startklar gemacht und am Ostermontag ging’s dann los. Nur, wohin sollte die Reise gehen? Wir wollten schon seit längerem Kroatien besuchen. Alle, die jemals da waren, haben geschwärmt von diesem Land und die wenigen Kroatinnen und Kroaten, die ich bis anhin kennengelernt habe, sowieso. Ich habe also vor ein paar Wochen einen Reiseführer gekauft und mich ein bisschen eingelesen. Je mehr ich las, desto mehr zog es mich dahin. Wenn es nur nicht so grässlich weit weg wäre! Bevor ich krank wurde, war ich diesbezüglich schon sehr viel mutiger. Es war alles machbar. Heute überlege ich mir, was schlimmstenfalls passieren könnte. Ein schlimmer Crash würde mich tagelang ins Bett befördern. Mein Mann müsste alles alleine machen. Ich wäre nicht reisefähig. Das alles wäre bestimmt nicht lustig, aber viel mehr kann eigentlich nicht passieren. Trotzdem war ich ängstlich und sagte noch zwei Tage vor der Abfahrt, dass ich nicht nach Kroatien möchte. Zu weit, ich kann die Sprache nicht, ich kenne das Land und die Leute nicht, alles viel zu ungewiss, zu viele Variablen, die ich nicht beeinflussen kann. Der Gedanke, dass es mir in Zukunft aber schlechter gehen könnte als heute und ich dieses Land womöglich niemals sehen würde, nagte stark an mir.


Heute sitze ich vor dem Wohnmobil, blicke auf’s Meer vor Kroatien, genauer vor der istrischen Halbinsel und bin stolz auf uns Vier. Mut und Optimismus haben gesiegt. Nach drei Reisetagen - Oma Inge fuhr schliesslich mit - sind wir gestern in der Nähe von Novigrad angekommen. Mein Mann fuhr die gesamte Strecke und die Kinder haben die Reise super mitgemacht. Es ist grossartig, hier zu sein!


In die Freude mischt sich aber auch eine ganze Ecke Traurigkeit. Es ist so unfassbar vieles nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich für mich. Man könnte hier auf einem Fahrradweg die paar Kilometer bis Novigrad mit den Velos bewältigen, das Städtchen ankucken, dort in einem hübschen Café etwas trinken und anschliessend gemütlich zurück pedalen. Man könnte kurze Wanderungen am Meer entlang oder in einem der Nationalparks machen. Man könnte auf den Küstenfelsen rumklettern.


Man könnte zu Fuss zu den Duschen gehen. Es ist alles so viel komplizierter und beschwerlicher geworden. Ich bin darauf angewiesen, dass die Wege möglichst ohne Hindernisse gestaltet sind, damit mich mein elektrischer Rollstuhl zur Dusche bringen kann. Und viele anfallenden Arbeiten bleiben schlicht und einfach an meinem Mann hängen. Das macht mich traurig und wütend.


Krank sein ist auch im Paradies Mist. Ich habe es satt. Unendlich und echt und wirklich und schlicht und einfach nur satt!



Was wohl da hinten, hinter der Landzunge ist? Früher wäre ich hingegangen und hätte gekuckt. Heute wird aus dieser Idee ein Projekt. Wie stelle ich es an, dahin zu kommen? Geht das mit dem Rolli? Oder vielleicht sogar mit den Stöcken? Mit vielen Pausen etwa? Oder überschreite ich damit, mit welcher Variante auch immer, meine Grenzen und crashe? Fragen, auf die es keine Antwort gibt ausser ausprobieren.

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1 comentário


brigitte.bacher
25 de abr. de 2019

Danke fürs Teilhaben lassen... Ich wünsche euch trotz den Einschränkungen eine genussvolle Zeit zusammen! Super, dass du es dir zugetraut hast.

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